Gary Harrington aus Oregon wird immer wieder in Artikeln
zitiert, die sich mit amerikanischen Gesetzen gegen „Regenwasser-Diebstahl“
befassen. Oft empört man sich in solchen Artikeln über die Dreistigkeit der
Regierung, einem Bürger zu verbieten, in seinem Garten eine Regenwassertonne
aufzustellen und den Garten mit aufgefangenem Regenwasser zu giessen.
Artikel dieser Art werden oft und gerne auf Facebook geteilt
und meist findet man darunter Kommentare empörter Nutzer. Man ereifert sich
dann darüber, dass die Regierungen von der Wasserlobby gesteuert sei oder dass
der Staat sich auch in die kleinsten, privaten Dinge einmischt.
Ich bin der Sache nachgegangen.
Zunächst mal: Viele der Artikel lassen die Tatsache ausser
Acht, dass der Fall Harrington aus dem Jahre 2012 datiert, nun also bereits 5
Jahre alt ist.
Entgegegn der immer wieder auftauchenden Darstellung, Gary
Harrington habe nur ein paar Behälter aufgestellt, um Regenwasser zu sammeln,
hat die Sache doch etwas grössere Dimensionen. Der Reihe nach:
2012 wurde Gary Harrington zu 30 Tagen Gefängnis und einer
Geldbusse verurteilt, weil er auf seinem Land Regen- und Schmelzwasser
gesammelt hat. Das Wasser wurde allerdings nicht in Behältern wie z.B.
Regenwassertonnen gespeichert, sondern in grossen, künstlich angelegten Teichen
mit einem Fassungsvermögen von 13 Millionen Gallonen (umgerechnet knapp 50
Millionen Liter). Die Menge des Wassers entspricht etwa der Füllung von 20
olympischen Schwimmbecken. Das der Bezug auf Regentonnen unter der Dachrinne
bei diesen Dimensionen hinfällig wird, dürfte wohl klar sein. Und das es wohl
in jedem Land der Welt bei baulichen Massnahmen dieser Grössenordnung Einschränkungen
gibt, wird wohl auch kaum überraschen.
Kein Robin Hood
Im Falle Harringtons geht es also nicht um Regenwasser, das
auf sein Dach fiel; es ging noch nicht einmal ausschliesslich um Wasser, das
auf sein (beachtlich grosses) Grundstück niederging. Vielmehr bestand das Problem
im Umleiten von fliessendem Wasser zum Zwecke des Befüllens künstlich
angelegter Reservoirs. Der Staat Oregon hat über 10 Jahre immer wieder mit Gary
Harrington zu tun gehabt. Schon im Jahr 2002 wurde ihm untersagt, einen Wasserlauf
auf sein Land umzuleiten und dort aufzustauen. Auf einstweiliges Einlenken
folgten neue Versuche, sein Vorhaben umzusetzen. Das endete schliesslich in
obenerwähnter Verurteilung vor Gericht. Aber Gary Harrington ist kein „Robin
Hood der Wasserrechte“, er versuchte sich vielmehr als Herkules, indem er
Flüsse in neue Beete zu lenken versuchte.
Aber wie sieht es denn aus mit der Speicherung von Regenwasser
im üblichen Rahmen? Gibt es da in Oregon Verbote?
Mit ein paar Klicks kann man im Internet erfahren, dass der
Staat Oregon ausdrücklich die Installation von Vorrichtungen zum „Rainwater Harvesting“
(„Regenwasser Sammeln“) begrüsst und sogar Hilfe dazu anbietet, etwa mit der
Zurverfügungstellung von Bauanleitungen. Auch die Benutzung von
Wasseraufbereitungsanlagen, mit denen das Wasser nicht nur für die Bewässerung
im Garten sondern auch als Trinkwasser im Haus verwendet werden kann wird
empfohlen.
Auch wenn viele Meldungen, die immer wieder auf Facebook und
ähnlichen Kanälen die Runde machen etwas anderes behaupten, gibt es in den
Vereinigten Staaten keinen Bundesstaat, der das sammeln von Regenwasser unter
Strafe stellt – wobei angemerkt werden muss, dass Colorado alte Gesetze hat,
die eine gewisse Einschränkung beinhalten. Der politische Wille ist aber auch
dort vorhanden, diese Gesetze zu ändern.
Anmerkung: In vielen
Artikeln in deutscher Sprache wird das Anwesen Harringtons mit 170 Hektar
angegeben. Dabei handelt es sich um einen Umrechnuungsfehler. Das Anwesen
entspricht, nach übereinstimmenden Angaben amerikanischer Quellen, um 170 acre,
was ca. 69 ha entspricht.