Montag, 27. März 2017

Wasserdiebstahl oder Regulierungswahn? Der Fall Gary Harrington

Gary Harrington aus Oregon wird immer wieder in Artikeln zitiert, die sich mit amerikanischen Gesetzen gegen „Regenwasser-Diebstahl“ befassen. Oft empört man sich in solchen Artikeln über die Dreistigkeit der Regierung, einem Bürger zu verbieten, in seinem Garten eine Regenwassertonne aufzustellen und den Garten mit aufgefangenem Regenwasser zu giessen.

Artikel dieser Art werden oft und gerne auf Facebook geteilt und meist findet man darunter Kommentare empörter Nutzer. Man ereifert sich dann darüber, dass die Regierungen von der Wasserlobby gesteuert sei oder dass der Staat sich auch in die kleinsten, privaten Dinge einmischt.

Ich bin der Sache nachgegangen.

Zunächst mal: Viele der Artikel lassen die Tatsache ausser Acht, dass der Fall Harrington aus dem Jahre 2012 datiert, nun also bereits 5 Jahre alt ist.

Entgegegn der immer wieder auftauchenden Darstellung, Gary Harrington habe nur ein paar Behälter aufgestellt, um Regenwasser zu sammeln, hat die Sache doch etwas grössere Dimensionen. Der Reihe nach:

2012 wurde Gary Harrington zu 30 Tagen Gefängnis und einer Geldbusse verurteilt, weil er auf seinem Land Regen- und Schmelzwasser gesammelt hat. Das Wasser wurde allerdings nicht in Behältern wie z.B. Regenwassertonnen gespeichert, sondern in grossen, künstlich angelegten Teichen mit einem Fassungsvermögen von 13 Millionen Gallonen (umgerechnet knapp 50 Millionen Liter). Die Menge des Wassers entspricht etwa der Füllung von 20 olympischen Schwimmbecken. Das der Bezug auf Regentonnen unter der Dachrinne bei diesen Dimensionen hinfällig wird, dürfte wohl klar sein. Und das es wohl in jedem Land der Welt bei baulichen Massnahmen dieser Grössenordnung Einschränkungen gibt, wird wohl auch kaum überraschen.

Kein Robin Hood

Im Falle Harringtons geht es also nicht um Regenwasser, das auf sein Dach fiel; es ging noch nicht einmal ausschliesslich um Wasser, das auf sein (beachtlich grosses) Grundstück niederging. Vielmehr bestand das Problem im Umleiten von fliessendem Wasser zum Zwecke des Befüllens künstlich angelegter Reservoirs. Der Staat Oregon hat über 10 Jahre immer wieder mit Gary Harrington zu tun gehabt. Schon im Jahr 2002 wurde ihm untersagt, einen Wasserlauf auf sein Land umzuleiten und dort aufzustauen. Auf einstweiliges Einlenken folgten neue Versuche, sein Vorhaben umzusetzen. Das endete schliesslich in obenerwähnter Verurteilung vor Gericht. Aber Gary Harrington ist kein „Robin Hood der Wasserrechte“, er versuchte sich vielmehr als Herkules, indem er Flüsse in neue Beete zu lenken versuchte.

Aber wie sieht es denn aus mit der Speicherung von Regenwasser im üblichen Rahmen? Gibt es da in Oregon Verbote?

Mit ein paar Klicks kann man im Internet erfahren, dass der Staat Oregon ausdrücklich die Installation von Vorrichtungen zum „Rainwater Harvesting“ („Regenwasser Sammeln“) begrüsst und sogar Hilfe dazu anbietet, etwa mit der Zurverfügungstellung von Bauanleitungen. Auch die Benutzung von Wasseraufbereitungsanlagen, mit denen das Wasser nicht nur für die Bewässerung im Garten sondern auch als Trinkwasser im Haus verwendet werden kann wird empfohlen.
Auch wenn viele Meldungen, die immer wieder auf Facebook und ähnlichen Kanälen die Runde machen etwas anderes behaupten, gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Bundesstaat, der das sammeln von Regenwasser unter Strafe stellt – wobei angemerkt werden muss, dass Colorado alte Gesetze hat, die eine gewisse Einschränkung beinhalten. Der politische Wille ist aber auch dort vorhanden, diese Gesetze zu ändern.


Anmerkung: In vielen Artikeln in deutscher Sprache wird das Anwesen Harringtons mit 170 Hektar angegeben. Dabei handelt es sich um einen Umrechnuungsfehler. Das Anwesen entspricht, nach übereinstimmenden Angaben amerikanischer Quellen, um 170 acre, was ca. 69 ha entspricht.

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